Interview mit Stefan Zauner

 Interview mit Stefan Zauner

Interview mit Stefan Zauner

Der ehemalige Sänger der Münchener Freiheit gab mir im Jahr 2012 ein Interview. Das möchte ich hier sehr gerne noch einmal abdrucken.

  1. Herr Zauner, bevor Sie hauptberuflich Musik machten, arbeiteten Sie als freier Grafiker. Wieso hatten Sie sich für diesen Beruf entschieden und war es Ihnen stets wichtig, einen kreativen Beruf auszuüben?

SZ: Einen kreativen Beruf auszuüben war für mich  immer ein Ziel, jedoch keines, das ich mir bereits als Kind gesetzt habe, sondern durch mein Elternhaus bedingt, da mein Vater künstlerisch tätig war, er malte und spielte Klavier – meine Mutter Geige. So standen immer Musikinstrumente im Haus herum und daher war es für mich ein Leichtes, sich der Musik zu widmen. Es war aber nie mein Ziel, Musiker zu werden, so etwas plant man nicht, es kommt einfach, wie es kommt. So kam ich durch meinen Vater auch an einige Kontakte der Musikszene, die mein Interesse nur noch stärker weckten und so konnte ich mich stetig weiterentwickeln.

  1. Sie waren Mitglied in diversen Bands, ehe Sie 1980 die Münchener Freiheit gründeten. Dieser Band blieben Sie 30 Jahre lang treu, bevor Sie im vergangenen Jahr beschlossen, eigene Wege zu gehen. Wie kam es zu dieser Entscheidung? Immerhin gab es früher auch schon Soloprojekte von Ihnen, z.B. zusammen mit Aron Strobel „Deuces Wild“ oder Ihr eigenes Projekt „SOL“, doch danach kehrten Sie stets zur MF zurück – nur diesmal nicht.

SZ: Meine Solo Projekte, die neben der Münchener Freiheit liefen, waren praktisch musikalische Ausflüge, ohne die Band in Gefahr zu bringen und ohne den Gedanken daran aufzuhören. Die Solo CD, die ich jetzt gemacht habe, war auch nicht in dieser Art geplant. Ich habe die Gruppe nicht deswegen verlassen, das sind zwei verschiedene Dinge. So komponierte ich einige Stücke, bei denen ich feststellte, dass ich diese am besten selber singen kann. Natürlich habe ich auch einige Titel anderen Künstlern angeboten, doch meist bekam ich die Antwort, dass die Lieder zu kompliziert seien oder zu sehr nach Münchener Freiheit klingen würden. Und daraufhin dachte ich, wenn ich schon so viele Lieder habe, dann singe ich diese selbst und versuche, damit durchzustarten. Der springende Punkt, bei der Münchener Freiheit aufzuhören, war aber nicht, eine Solo Platte machen zu können. Nach 30 Jahren hatte ich einfach das Gefühl des Leerlaufes. Man macht immer wieder Platten und steckt viel Kraft und Energie mit hinein, doch wenn man auf der Bühne steht, dann möchten die Zuschauer nur die Songs der 80er hören und dieses reduziert werden auf die Zeit der 80er sowie diese bestimmten Titel wie „Herz aus Glas“ oder „Tausendmal du“, das wollte ich nicht mehr. Da bräuchte ich nicht mehr künstlerisch zu arbeiten. Es würde reichen, sich ständig selbst zu kopieren und das wollte ich nicht.

  1. Wie reagierten Ihre zahlreichen Fans auf diesen einschneidenden Schritt – gab es auch Anfeindungen deswegen? Schließlich waren Sie die Stimme der Band.

SZ: Nichts, was ich mitbekommen habe. Ich kann nur das sehen, was bei facebook oder dem MF Forum geschrieben wird, bzw. welche Fanpost zum Management kam. Und die Reaktionen waren durchweg positiv, spätestens ab dem Zeitpunkt, ab dem klar war, dass ich wieder etwas Eigenes mache. Von Anfeindungen wüsste ich nichts.

  1. Ihr Soloalbum „Zeitgefühl“ ist vor kurzem erschienen. Darauf enthalten sind 14 Songs, die sich häufig mit dem Thema „Zeit“ auseinandersetzen. Haben Sie einen oder mehrere persönliche Lieblingstitel auf der CD oder gibt es Songs, die Ihnen sehr am Herzen liegen?

SZ: Die nächste CD Auskoppelung wird „Liebe besiegt die Zeit“, dieser Titel ist für mich sehr schön, da ich zum ersten Mal auf den Text eines anderen, nämlich auf den von Wolfgang Adenberg, zurückgegriffen habe. Eigentlich sollte das Lied ein Musicalsong werden, doch das klappte nicht und ich fand es schade, dieses Lied einfach liegenzulassen und so kam es auf meine CD. Meistens sind meine Favoriten eher die unkommerziellen Titel, an denen ich besonders hänge, so z.B. „Zur Geisterstunde“ oder „Blues“, die jetzt garantiert keine Single werden, aber wo ich mich musikalisch am meisten austoben konnte. Natürlich auch die beiden Titel, die ich mit meiner Frau zusammen gesungen habe, also „Tick Tack“ und „Eine Welt die es nicht gibt“, das waren völlig neue Erfahrungen und Experimente.

  1. Sie wurden es schon häufig gefragt, aber wieso nimmt das Thema „Zeit“ einen so hohen Stellenwert in Ihrem aktuellen Album ein?

SZ: Das war mir anfangs gar nicht so bewusst. Bis ein Album entsteht, dauert es einige Zeit. Meist umfasst die Arbeit an einem Album gut ein Dreiviertel bis ein Jahr, bis die Stücke getextet und fertig sind. Meist mache ich zuerst Demos, dann kommen die Texte hinzu. Ich bemerkte erst, als die Stücke fertig waren und ich diese in eine Reihenfolge bringen wollte, dass das Thema „Zeit“ sehr oft behandelt wurde. Daher auch der Titel „Zeitgefühl“. Insofern kam die Idee, solch einen Überbegriff zu wählen. Der Titel des Albums folgte also erst im Nachhinein, nachdem alle anderen texte schon standen.

  1. Ganz neu ist auch, dass Sie sich weibliche Verstärkung hinzu holten – bei den Songs „Tick Tack“ und „Eine Welt die es nicht gibt“ werden Sie gesanglich von Ihrer Frau Petra Manuela unterstützt. Wer von Ihnen kam denn zuerst auf die Idee, als Duo zu fungieren?

SZ: Das war eine gemeinschaftliche Idee. Zunächst haben wir den Song „Eine Welt die es nicht gibt“ aufgenommen. Eigentlich war dieser Song ein Münchener Freiheit Titel, der aber nur als Bonus Track zum Download zur Verfügung stand und es nicht auf das Album geschafft hatte. Meine Frau und ich fanden das etwas schade, denn der Song war es wert, auf eine CD zu schaffen. So machte ich den Vorschlag, das Lied etwas um zu arrangieren, so dass der Refrain singbar ist und Petra sollte es einfach versuchen. Das Ergebnis hörte sich dann so gut an, dass das Lied diesmal auf dem Album ist und bei „Tick Tack“ haben wir es nochmal probiert, ohne zu ahnen, dass es einmal die erste Single des Albums werden würde. Für Petra ist es völliges Neuland, TV Auftritte und Promotion mitzumachen und ich finde, das hat sie gut gemacht.

  1. Wie empfinden sie es, ab sofort nicht immer nur alleine als Sänger im Mittelpunkt zu stehen, sondern Ihre Frau an Ihrer Seite zu haben? War dies bereits ein lang gehegter Wunsch, den Sie sich nun erfüllen konnten oder dachten Sie früher gar nicht daran, einmal im Duett mit jemanden zu singen?

SZ: Früher wäre das undenkbar gewesen, denn es hätte bei der Münchener Freiheit auch nicht gepasst. Bei „Tick Tack“ war es auch nicht primär das Ziel, dass wir zusammen auf der Bühne stehen können. Das war eine spontane Entscheidung, die wir im Studio zu Hause fällten, ohne zu wissen, was letztendlich daraus entsteht. Ein Traumpaar des deutschen Schlagers abzugeben, war weder bei mir noch bei ihr der Wunsch. Ich fand es auch nie so toll, wenn sich singende Ehepaare auf der Bühne anschmachteten, deswegen haben wir auch diesen Titel gewählt, weil er nicht so schlagermäßig ist und jeder für sich singen und nebeneinander auf der Bühne stehen kann.

  1. Seitdem Ihr Album erschienen ist, gab es bereits zahlreiche Auftritte in TV und Radio. Natürlich werden Sie hierbei auch stets auf die Trennung von der Münchener Freiheit angesprochen. Stört es Sie, dass man Sie, trotz des neuen Weges den Sie gehen, immer noch auf die vielen Jahre, die Sie Sänger der MF waren, reduziert? Auch auf dem Album ist der Hinweis „Ex-Sänger der Münchener Freiheit“ zu lesen.

SZ: Nein, das stört mich an sich nicht, denn irgendeine Verbindung muss man ja herstellen, damit die Menschen wissen, wer ich bin. Münchener Freiheit, also der Name, ist ziemlich bekannt. Stefan Zauner hingegen nicht. Daher ist es wichtig, eine Brücke zu schlagen zwischen dem, was war und dem, was noch kommt. Zumindest für den Wiedererkennungswert ist es bedeutsam. Vielleicht wird sich das irgendwann legen, aber aktuell ist es sehr wichtig, dass bei den Menschen der „Groschen fällt“.

  1. Sie erzählten, dass Sie beim 1. Konzert Ihrer ehemaligen Bandkollegen, die ja nun auch einen neuen Sänger an ihrer Seite haben, Mäuschen spielten und heimlich im Publikum standen. Wie ging es Ihnen in diesem Moment, in dem Sie Ihre frühere Band mit Ihren Titeln live als Außenstehender erlebten?

SZ: Das war das erste Mal in meinem Leben, dass ich die Band von unten gesehen habe. Natürlich war es ein komisches Gefühl. Allerdings stand ich nicht im Publikum, das wäre  nicht fair gewesen, ich habe das Konzert vom Rand aus mit verfolgt und es kam mir eher wie eine Coverband vor, die Titel spielt, bei denen ich mitgewirkt habe. Es gibt viele Bands, die „Ohne dich“ oder „Tausendmal du“ gespielt haben und genau so klang es auch, wie eine Band, die etwas nachspielt. Es ist auch schwierig, einen Neubeginn zu machen, am besten ist, wenn die Band eine neue CD macht – da sind sie ja aktuell auch dabei. So kommt die Identität des neuen Sängers auch besser zur Geltung und er kommt eigenständig herüber und nicht nur mit den 80er Jahre Titeln.

  • Zu Münchener Freiheit Zeiten hieß es häufig, Sie seien recht unnahbar – so gab es auch keine offizielle Facebook Seite etc. Doch ab sofort ist Stefan Zauner auch bei derartigen Networks sehr präsent. Sie posten aktuelle News und sogar ein Foto Ihrer Hochzeit. Wie kam es zu diesem Wandel?

SZ: Eigentlich wusste ich gar nicht, was facebook soll. Doch durch Petras Sohn wurde ich darauf aufmerksam und er richtete für mich die Seite ein. Ich fand es so verblüffend, dass sofort, ein paar Minuten nachdem ich dort etwas geschrieben habe, so viel Feedback kam. Ich dachte mir, dass das ja irre ist – man hat seine eigene kleine Werbeseite, wo man Dinge online stellen kann. Es macht auch Spaß und zu Münchener Freiheit Zeiten hatte ich so etwas nie in Erwägung gezogen. Dazu kann ich auch viel persönlicher werden als früher und nachdem das Interesse der Fans da ist, veröffentliche ich eben auch mal ein privates Hochzeitsfoto. Das wäre zu Münchener Freiheit Zeiten undenkbar gewesen, denn dann hätte ich mich mit solchen Aktionen ja indirekt vor sie gestellt und man hätte es mir als Egotrip ausgelegt. Doch heute habe ich keine Berührungsängste mehr damit.

  • Sicherlich werden Sie oft nach einer Stefan Zauner Tournee gefragt – gibt es diesbezüglich Pläne?

SZ: Noch nicht. Ganz ehrlich gesagt, dies hängt auch vom Werden und Erfolg der CD ab. Den Werdegang, sich ein Publikum zu erspielen, in kleinen Clubs und Hallen aufzutreten und sich von der Pieke auf nach oben zu arbeiten…das war mit der Münchener Freiheit damals eine schöne Zeit, doch ein zweites Mal möchte ich das nicht machen. Wenn, dann möchte ich schon da anfangen, wo ich mit der Münchener Freiheit aufgehört habe und dazu bräuchte ich schon einen größeren Bekanntheitsgrad. Es wird eine Autogramm Tour geben, bei großen Veranstaltern wie Media Markt oder Saturn, auch in Kaufhäusern und bei dieser Gelegenheit kann man auch die CD promoten.

  • Apropos Pläne, ist denn vielleicht eine Solo CD Ihrer Frau geplant? Immerhin sind Sie nicht nur Sänger und Songwriter, sondern auch erfolgreicher Komponist und Musikproduzent!

SZ: Ich werde mein Bestes geben, dass ich sie dazu überreden kann, aber sie ist nicht durch die Resonanz der Leute, die auf „Tick Tack“ folgte, zum Star mutiert. Sie ist relativ bodenständig und ist nicht so erpicht auf diese Art von Rummel, aber schön wäre es trotzdem. Wir haben das Studio zu Hause und es wäre kein Risiko, einfach mal etwas zu probieren. Es gab auch schon öfters die Anfrage von Privatpersonen.

  • Petra Manuelas Sohn Manuel hat ebenso mit Ihnen einen Song aufgenommen – ein sehr talentierter junger Mann. Werden Sie zukünftig auch ihn stärker musikalisch integrieren und fördern?

SZ: Nun, wir müssen erst einmal abwarten, da er sich momentan im Stimmbruch befindet. Das Thema ist nicht abgeschrieben, aber es muss auch von ihm selber gewollt werden, wenn er den Stimmbruch hinter sich hat. Dann sieht man auch, wie stark der Wille ist. Es hat keinen Sinn, jemanden zu überreden, sondern man muss es selber wollen. Es war eine tolle Sache und Manuel ist sehr begabt. Er hatte den Song schnell drauf und selbst die schwierigen Phrasierungen meisterte er. Ich vereinfachte den Song nicht extra, weil es nun ein Kind singt. Doch er schlug sich tapfer und wir werden sicherlich etwas probieren. Ob etwas daraus wird, werden wir sehen, doch wir können das ja auch erst mal intern in der Familie testen und dann sieht man weiter.

  1. Aktuell gibt es im Fernsehen viele Castingshows, doch die gesuchten Superstars sind meist nur für kurze Zeit im Rampenlicht. Kann man heutzutage überhaupt noch so eine Karriere, wie Sie es mit der Münchener Freiheit schafften, erreichen?

SZ: Die Zeiten haben sich stark gewandelt. Als ich damals meine Karriere startete, war der Markt und das Prozedere völlig anders als heute, ohne Internet, wenige Fernsehsendungen, dafür effektive, doch wie es heute ist…da müsste ich noch einmal ganz jung sein und mich auch mit dem Internet und wie man dadurch bekannt wird, auseinandersetzen. Da bin ich kein Fachmann dafür. Wenn ich jemandem einen Rat geben würde, dann würde ich sagen: Mach es so wie ich! Doch das geht natürlich nicht mehr, diese Zeiten sind endgültig vorbei, wo man durch die „Hitparade“ sofort in die Charts kam. Wenn man da Platz 1 belegte, war dies eine sichere Fahrkarte in die Charts. Solche Sachen sind aber gar nicht mehr vorhanden. Heute ist Musik eine Beigabe für Unterhaltungsshows. Bei den Castingshows geht es zwar darum, einen Superstar zu finden, aber nicht darum aus ihm einen echten Star zu machen. Das ist völlig uninteressant für den Sender. Ich kenne auch diese Art von Knebelverträgen, die die Künstler haben, selbst wenn sie nur 10er wurden. Diese sind so unfrei und können nicht mal eigenständig auf die Suche nach Produzenten gehen. Man ist an den Sender und die Macher gebunden und das meistens für eine lange Zeit. Wer da mitmacht, der hat noch lange keine Fahrkarte für den Erfolg, ganz im Gegenteil manchmal!

  • Ist eine Rückkehr, bzw. Reunion der Münchener Freiheit irgendwann denkbar oder haben Sie ein für allemal mit diesem Kapitel Ihres Lebens abgeschlossen?

SZ: Doch, das habe ich – die Band geht neue Wege mit einem neuen Sänger und neuer Musik sowie eigenen Produktionen. Und auch ich gehe neue Wege. Ich hätte sowieso mit der Münchener Freiheit aufgehört, das waren die besten 30 Jahre und nun ist es an der Zeit, etwas anderes zu machen. Ich muss nicht immer selber singen, sondern produziere auch gerne zukünftig  andere Künstler. Hauptsache, ich kann weiterhin kreativ arbeiten.

  • Zum Schluss ein Blick in die Zukunft – Gibt es noch berufliche Wünsche, die Sie unbedingt einmal realisieren möchten und falls ja, welche?

SZ: Beruflich nein – wenn mein Beruf Musiker ist, dann möchte ich einfach gesund bleiben und Musik schreiben können, so dass es Spaß macht. Es macht mir Freude, im Studio zu sitzen, Stücke zu schreiben, daran zu basteln und in dieser Form kreativ zu sein. Was ich gerne noch machen möchte ist auf meine alte, ursprüngliche Karriere zurückzugreifen, nämlich auf die als Grafiker. Wir haben oben ein Zimmer, in dem steht eine große Staffelei und es hängt eine große weiße Leinwand und jedes Mal, wenn ich vorbeigehe denke ich, wann fange ich wieder einmal an zu malen? Das gibt unheimlich viel Ruhe und es ist eine tolle Sache, einfach dazu sitzen und zu malen.

Interview: Franziska Maier

Foto: (c) Stefan Zauner

Franziska