Eine Gruppe, die man nie vergisst…

 Eine Gruppe, die man nie vergisst…

…die Comedian Harmonists im Alten Schauspielhaus Stuttgart

„Veronika, der Lenz ist da“, „Mein kleiner, grüner Kaktus“, „Wochenend und Sonnenschein“…na, hören Sie auch die Melodien zu den eben gelesenen Titeln im Ohr? Wer kann diese nicht mitsingen! Es handelt sich um Klassiker der Musikgeschichte, um Evergreens eines unvergessenen Sextetts, den Comedian Harmonists.

Einst 1927 von Harry Frommermann in dessen Berliner Wohnung gegründet und später weltberühmt und bis heute noch in aller Munde. Insbesondere, wenn man die biographische Revue der Gruppe, die aktuell im Alten Schauspielhaus in Stuttgart aufgeführt wird, ansieht. Eine Geschichte, die berührt. Eine Geschichte, die aufzeigt, wie Menschen und Lebensträume zerstört wurden und das alles durch den damals aufkeimenden Nationalsozialismus.

So bestanden die Comedian Harmonists aus drei jüdischen Mitgliedern, zwei Deutschen und einem Bulgaren. Heutzutage wäre diese „Mischung“ alles andere als verwerflich, doch zu Hitlers Zeiten, in denen nur noch arische Mitbürger auftreten durften, sorgte sie für das endgültige Aus, der einst so erfolgreichen Kombo.

Das Bühnenstück zeigt passend, wie aus einer unbekannten Truppe voller begabter Sänger/Musiker, ein erfolgreiches Star Ensemble wird, das ganz nach ihrem amerikanischen Vorbild, den Revelers, die Hitparaden erobert. Zuerst nannten sie sich die Melody Makers, übten nächtelang ihre Titel ein, doch ohne großen Erfolg. Jegliche Vorsingen scheiterten kläglich, da sie nicht „spritzig“ genug waren.

Erst, als die 6 Wortwitz und komödiantische Einlagen in ihre Titel integrierten, kam der Durchbruch und auch die Namensänderung. So wurde aus den Melody Makers die Comedian Harmonists!

Harry Frommermann, Robert Biberti, Ari Leschnikoff, Erwin Bootz, Roman Cykowski und Erich A. Collin bewiesen, dass man mit viel harter Arbeit und einer Menge Durchhaltevermögen, sein Ziel erreichen kann. Das Bühnenstück zeigt auch auf humorvolle Art und Weise, wie die übermüdeten Sänger des nachts von Harrys Nachbarin wegen Ruhestörung beschimpft wird. Doch mit ihrem Charme schaffen sie es letztendlich, die gute Dame zu überzeugen, ebenso wie ihren späteren „Chef“, den Varietékönig Erik Charell, der letztendlich der Schöpfer des neuen Namens war.

Bis 1933 erreichte die Gruppe ihren absoluten Höhepunkt – mit bis zu 150 Auftritten im Jahr gehörten die Comedian Harmonists zu den Spitzenverdienern ihrer Zeit.

1934, nachdem Propagandaminister Joseph Goebbels die verpflichtende Mitgliedschaft in der musikalischen Reichskammer anordnete, zu der ein Ariernachweis gehörte, bekam die Gruppe die Auflage, nur noch im Ausland aufzutreten oder sich zu trennen. Denn mit drei Juden durfte das Sextett in einem nationalsozialistischen Deutschland nicht mehr auftreten.

Anfangs willigten alle ein, Auftritte in Frankreich und den USA folgten. Doch auf Dauer ging auch das nicht gut. So kam es 1935 zum endgültigen Aus und zwei einzelne Gruppen entstanden:

Das Meistersextett, bestehend aus den in Deutschland gebliebenen Mitgliedern, trat noch bis 1941 aktiv auf. Die Comedy Harmonists, tourten in Europa, Australien und Südamerika. 1041 kam aber auch für sie das Aus.

Alle sechs Musiker überlebten den 2. Weltkrieg, doch sie sahen sich nie wieder!

Wem die Musik der Comedian Harmonists gefällt, für den ist Gottfried Greiffenhagens Bühnenfassung ein wahrer Ohrenschmaus. Beinahe konzertähnlich folgt ein Titel auf den nächsten. Doch aus das Biographische kommt nicht zu kurz.

Man fiebert mit den Herren mit, wenn sie zum ersten Mal zu einem Vorsingen gehen oder leidet mit ihnen bei ihrem letzten Konzert, nachdem klar wurde, dass es keine Zukunft für alle gibt.

Als großes Highlight sind eindeutig die Darsteller zu nennen:

Tobias Rusnak, Loic Damien Schlentz, Marc Trojan, Michael Rapke, Tobias Hagge und Florian Fries schaffen es, den Gesang der Comedian Harmonists fast ebenso wie die Originale wiederzugeben. Die Stimmen harmonieren, dass es eine wahre Freude ist und auch die „Comedy“ kommt nicht zu kurz. Uwe Peter Spinner ergänzt das Stück durch eine Vielzahl von Rollen, in die er schlüpft, ob als mosernde Nachbarin, als cooler Musikproduzent oder Nazi – Spinner brilliert in jeder Rolle.

Für alle Freunde der Musik der 30er Jahre hier nun der Aufruf: Schaut euch die Comedian Harmonists an! Das Stück gastiert noch bis zum 25.01.2020 im Alten Schauspielhaus Stuttgart!

PS: Als besonderes „Schmankerl“ gab es in der Vorstellung vor Weihnachten ein extra für das Publikum eingeübtes „Stille Nacht“, im Sound der Comedian Harmonists! Es ist immer wieder schön zu sehen, dass die Darsteller auch über ihre Rollen hinaus bereit sind, dem Publikum eine Freude zu bereiten und diese Überraschung ist wahrlich gelungen!

Bericht: Franziska Maier

Foto: Martin Sigmund

Franziska