„Es laden die Vampire zum Tanz“…oder das Phänomen „Tanz der Vampire“

 „Es laden die Vampire zum Tanz“…oder das Phänomen „Tanz der Vampire“

„Es laden die Vampire zum Tanz“…oder das Phänomen „Tanz der Vampire“

Wie oft warst du eigentlich nun schon im Musical „Tanz der Vampire“? – diese Frage bekomme ich sehr oft gestellt und ganz ehrlich, ich kann es gar nicht mehr beantworten, denn seit die „Vampire“ im Jahre 2000 von Wien nach Stuttgart übersiedelten, verging kaum ein Monat oder Jahr, in dem ich die Blutsauger nicht mehrfach besuchte.

Zu Gast im Schloss des Grafen von Krolock zu sein, war mein großes Highlight und die „unstillbare Gier“ packte mich, als ich damals, im Oktober 2000, zum ersten Mal Graf Kevin (Tarte) in dieser Rolle sah. Bis zum heutigen Tage, ist Mr. Tarte immer noch mein Lieblingsgraf und ich sage das ruhigen Gewissens, da es viele gibt, denen es genauso geht.

Natürlich sind die Geschmäcker verschieden und viele Grafen folgten ihm, doch keiner faszinierte mich so wie Kevin! Er verkörperte einfach den Urgrafen – man nehme dabei einen Hauch von „Dracula“ Christopher Lee, eine Prise Dreistigkeit und Verführungskunst und ein unschlagbares Aussehen und fertig ist die Mischung „meines“ perfekten Grafen. Dazu noch eine Wahnsinnsstimme!

Nun komme ich schon wieder ins Schwärmen und das, obwohl ich damals, mit Anfang 20 noch davon träumte, einmal „Sarah“ zu sein, die dem Ruf des Grafen folgen durfte, um von ihm gebissen zu werden.

20 Jahre! Was für eine lange Zeit! Ich habe mich verändert und auch Graf Kevin ist nicht mehr aktiv in der Rolle, auch wenn er bei Musical Galas stets seine Paraderolle singen muss, da es sein langjähriges, treues Publikum doch von ihm fordert. Aber eines ist geblieben: Die Vampire faszinieren noch immer!

Heute möchte ich dem Mythos einmal genauer auf die Spur gehen! Was hat dieses Musical, was andere nicht haben? Warum funktioniert Roman Polanskis Story immer noch in einer Zeit, in der schon längst unzählige, technisch viel aufwändigere Stücke die Bühnen der Welt eroberten?

Die Faszination ist an sich leicht erklärt. Wer liebt sie nicht, die Kreaturen der Nacht? Das ewige Leben, mit dem sie locken. Die Verführung, die von einem Vampir ausgeht und das, obwohl er nichts anderes als ein blutsaugendes Raubtier ist!

Doch das Musical ist keine Horror Story, die einem Gänsehaut beschert. Vielmehr ist es ein Stück, das enorm viel Komik enthält und bei dem auch Kinder gerne zu Gast sind.

Das „Grusical“ hat düstere und lichte Momente. Meist folgt nach einer etwas unheimlicheren, mystischen Szenerie eine helle und witzige Episode. Bestes Beispiel ist der erste Auftritt des Herrn grafen. Wenn er morbide „Gott ist tot“ anstimmt und danach die ins Dunkel gehüllte Bühne voller Licht erstrahlt und der etwas trottelige Professor Abronsius von der „Wahrheit“ sinniert.

Dieser Kontrast ist wichtig und auch, wenn ich als Musicalbesucherin am liebsten nur die Szenen mit den Vampiren und dem Grafen in einem Stück gesehen hätte, ohne die „lästigen“ Ergänzungen J, so hat alles durchaus seine Berechtigung.

Das Musical ist kurzweilig, die Charaktere schließt man direkt ins Herz und für jede Altersgruppe ist ein Protagonist dabei, mit dem man mitfiebert.

Die Damenwelt sympathisiert eindeutig mit der Wirtstochter „Sarah“, die noch unschuldig in ihr Verderben läuft. Aber egal, ob alt oder jung, die Liebe und die Neugier kennt jeder, der schon einmal in Sarahs Situation war. Man fühlt mit ihr, wenn sie ihre roten Stiefel auspackt und ihr Elternhaus verlässt, ja, flügge wird. Man sehnt sich zu einer Zeit zurück, in der man ebenso handelte.

Die Männer jüngeren Datums verstehen Alfred sehr gut, der für seine Liebe kämpft. Er hat das Mädchen seiner Träume entdeckt und will diese vor Unheil bewahren. Der schüchterne junge Mann möchte Sarah bewahren und rennt dabei ebenfalls in sein Verderben, denn gegen den Grafen kann er nicht ankommen.

Der Graf fasziniert beide Geschlechter, Männer sehen sich gerne in seiner Rolle, der Held, der zwar innerlich oft totunglücklich ist, aber der bewundert wird und Macht ausstrahlt. Die Frauen sehen ihn als Verführer und möchten sich allzu gerne in sein Reich der Dunkelheit begeben.

Daher ist diese Rolle, obwohl sie gar nicht so große Bühnenpräsenz hat wie beispielsweise der Professor, noch die Schlüsselfigur. Ein schlechter Graf kann das ganze Stück kippen lassen! Auch das habe ich mehrfach erlebt, wobei an der Stelle keine Darstellernamen genannt werden, da jeder eben die Rolle auf seine Art interpretiert und ich gebe zu, dass ich hier sehr festgefahren bin!

Die weiteren Charaktere sind ebenfalls gut dargestellt und sorgen für Belustigung. Das Ehepaar Chagall, mit dem fremdgehenden Vater. Die Magd, die sinnigerweise Magda heißt, der Sohn des Grafen Herbert, der durch seine Homosexualität einen sehr modernen Aspekt der gleichgeschlechtlichen Liebe mit in das Stück bringt. Oder der alte Professor Abronsius, der äußerlich wie Albert Einstein wirkt und dabei noch sehr belesen und hartnäckig sein Ziel verfolgt.

Die zwei Akte vergingen immer wie im Fluge und dass in dem Stück Hilight Szenen gibt, wie „Ewigkeit“ oder der „Ballsaal“, macht das Stück noch reizvoller.

Fantastische Tanzszenen des Ensembles und die eingängige Popmusik von Jim Steinman, mit den bekannten Gassenhauern, wie u.a. „Die totale Finsternis“ (total eclipse oft he heart) , machen den Mix perfekt.

Wie oft war ich denn nun Besucher des Musicals? Ich kann es nicht mehr zählen. So reiste ich von Stuttgart, über Hamburg, Berlin, Oberhausen, Wien, bis nach Paris, wo das Stück auf Französisch aufgeführt wurde. Nur der Broadway fehlt mir in meinem Reigen, aber da wurde das Stück sowieso in einer grotesken Fassung gezeigt, da hier Roman Polanski bei der Inszenierung nicht mitwirken durfte!

Hunderte Male „Tanz der Vampire“ und die Faszination hält an! Zwar wurde die Produktion rein optisch „abgespeckt“ und zu einer Tourproduktion umfunktioniert, doch moderne Technik und die oben genannten Aspekte sorgen für einen ewigen Erfolgszug der Blutsauger.

Im kommenden Jahr kommt das Stück endlich wieder nach Stuttgart und ich bin natürlich wieder im Reich des Grafen dabei. Wenn man mich heutzutage fragt, welche Rolle ich gerne spielen würde, dann würde ich nicht mehr „Sarah“ sagen. Die Zeit hat mich eher zum „Grafen“ gemacht und das wäre doch eine Herausforderung. Gut, das Geschlecht stimmt nicht ganz, aber man könnte doch auch mal die Handlung etwas umändern und modernisieren? Nun, ich denke, dass dann der Erfolg nicht so groß wäre, da vorwiegend weibliche Musicalbesucher da sind, die die Tickets kaufen und bei einem weiblichen Krolock wären nicht mehr so viele fasziniert! J

Mein Vorschlag wäre ja, eines der Stuttgarter Theater zu einem festen „Vampir Theater“ umzubauen, dass das Stück endlich eine Heimat bekommt! Bei „Starlight Express“ hat sich das sehr gut bewährt. Daher wäre dies sicher auch auf Dauer gut umsetzbar!

Doch auch, wenn die Vampire wieder weiterziehen. Ich folge ihnen, solange ich kann, bis in die Ewigkeit…

Text: Franziska Maier

Foto: (c) Stage Entertainment

Franziska