Die Päpstin gastiert in Füssen

 Die Päpstin gastiert in Füssen

Die Päpstin

Eine weibliche Päpstin im Vatikan? Kann so etwas wirklich wahr sein?
Dieser Frage geht das Musical „Die Päpstin“, das aktuell als Gastspiel im Füssener Festspielhaus gezeigt wird, nach.
Ein faszinierender und zugleich schwieriger Stoff für ein Musical. Und vor allem: Was sagen wohl die Vertreter der Katholischen Kirche dazu?
In der Tat gibt es in der Chronik der Päpste ein fehlendes Kapitel.. deutet dies daraufhin, dass es wirklich einmal eine Päpstin gegeben hat?

Johanna wächst als zweites Kind eines Dorfpriesters auf. Ihre Mutter praktiziert heidnische Bräuche und lehrt die kleine Johanna die nordischen Sagen sowie das Schreiben. Dazu hört sie aufmerksam zu, wenn ihr Bruder Johannes vom Vater unterrichtet wird.
Dieser hat große Pläne mit seinem Erstgeborenen, er soll nach Dornstadt auf die Domschule. So kommt es, dass Aeskulapius den Jungen abholen möchte. Als es jedoch um die Kenntnisse des Jungen geht, merkt Aeskulapius schnell, dass dieser nicht der intelligente Part der Familie ist, sondern Johanna. Er bietet dem Vater an, beide Kinder mitzunehmen und sieht in Johanna großes Potential.
Der Vater, von Stolz und Frauendiskriminierung zerfressen, würde eher auf die Bildung der Kinder verzichten, bevor er es erlaubt, dass ein Mädchen die Domschule besucht. Seinen Zorn lässt er an seiner Frau aus und das nicht zu knapp. So dass Johanna und Johannes beschließen, das Elternhaus zu verlassen und Aeskulapius zu folgen.

Johanna muss früh lernen, wie schwer es gebildete Mädchen haben und dass insbesondere Anastasius sowie dessen Vater Arsenius, beide wohlhabende, römische Bürger, ihr alles andere als wohl gesonnen sind. So möchte Anastasius selbst einmal den Papststuhl im Vatikan besetzen und duldet keine Frauen, die dem Manne geistig überlegen sind. Klein Johanna stellt Anastasius jedoch vor allen Anwesenden mit ihrem Wissen in den Schatten und zieht sich so einen Todfeind für ihr ganzes Leben zu.
Doch auch Freunde – so steht ihr direkt Markgraf Gerold bei, der sie bei sich und seiner Frau aufnimmt und groß zieht.
Riechhild ist alles andere als begeistert von Gerolds Vorschlag, nimmt sich aber Johanna an, dennoch sieht sie in ihr eine Rivalin und als Johanna zu einer intelligenten und hübschen jungen Frau
reift, bewahrheitet sich ihre Befürchtung. Gerold verliebt sich in Johanna und auch Johanna hat starke Gefühle für ihren Beschützer von einst entwickelt. So kommt es zum verhängnisvollen Bekenntnis und Kuss.
Riechhild möchte Johanna wutentbrannt verheiraten und nutzt es aus, dass Gerold mal wieder im Dienste der Kaiserkrone unterwegs ist. Noch bevor Johanna jedoch verheiratet werden kann, greifen die Normannen an und alle, außer Johanna, werden getötet. Darunter auch Johannes, Johannas Bruder, der dazu verdammt wurde, Mönch zu werden. Johanna wittert ihre Chance, sie nimmt sich sein Mönchsgewand, schneidet sich das lange Haar und bindet sich die Brüste ab – sie wird ab sofort zu Johannes und beginnt ein zweites Leben als Mann.
Doch auch hier ist sie vielen Gefahren ausgesetzt. Beinahe wäre ihre Maskerade aufgefallen, wäre da nicht Bruder Rabanus, der sie im Kloster, in dem sie Unterschlupf fand, in Schutz nimmt. Johanna, alias Johannes muss dennoch weiterziehen und ihr Weg führt sie nach Rom – dort wird sie ein anerkannter Heiler und hilft sogar, den amtierenden Papst wieder gesund zu machen!
Sie opfert sich auf für die Menschen, doch ihre Einsamkeit quält sie – sie blüht erst wieder auf, als Gerold nach langer Zeit wiederkehrt. Dieser erkennt Johanna sofort und ihre Liebe wird erneut entfacht. An sich könnte es hier ein Happy End geben, doch der Papst wird Opfer eines heimtückischen Mordkomplotts, gesponnen von Arsenius und dessen Sohn. Und der neue Papst ist: Johanna, alias Bruder Johannes Anglicus.
An sich ist Johanna am Ziel, sie kann ihr Wissen und ihre Ideen endlich umsetzen, sorgt dafür, dass es Mädchenschule errichtet wird und dass endlich der Gedanke der Emanzipation Einzug hält. Stets an ihrer Seite: Gerold. Sie führt ein Doppelleben, tagsüber als Papst, des Nachts als Frau an der Seite ihres Geliebten.
Dass dies über kurz oder lang schiefgehen muss, dürfte jedem klar sein. Johanna erwartet ein Kind und noch ehe sie fliehen kann, wird sie Opfer von Anastasius, der hinter ihre Fassade blickte und nun kaltblütig zum Mörder wird – zuerst bringt er seinen eigenen Vater um, dann Gerold und das vor den Augen von Johanna. Diese erleidet während der Osterprozession vor dem ganzen Volk eine Fehlgeburt und stirbt. Doch das Volk verachtet sie nicht, im Gegenteil, Papa Populi, wie Johanna liebevoll genannt wird, also der Papst des Volkes, blieb in den Herzen aller – und Anastasius konnte dennoch niemals sein Ziel, selbst Papst zu werden, erreichen. Er schrieb jedoch die Chronik der Päpste und ließ bewusst ein Kapitel aus….das Kapitel, dass es mal eine weibliche Päpstin gab!
Das Musical basiert auf Donna W. Cross` gleichnamigen Roman – sie ließ sich von der Geschichte, dass es im 9. Jahrhundert eine Frau gab, die es durch äußerst mysteriöse Umstände auf den Papstthron schaffte, inspirieren. Sönke Wortmann drehte sogar einen Film über diesen vermeintlichen historischen Stoff und 2011 eroberte „Die Päpstin“ dann die Musicalbühnen – Christoph Jilo (Libretto) und Dennis Martin (Musik und Libretto) als kreative Köpfe hinter diesem Projekt.

Doch, ob es nun wirklich eine Päpstin gab oder nicht, die Zuschauer werden während des Musicals Zeuge einer faszinierenden Geschichte. Die Inszenierung benötigt keine großen Requisiten, da die Handlung und die Darsteller brillieren und bestechen.

So wird Johanna (Kristin Backes) stets von zwei schwarzen Raben begleitet, die passend zu Bühnenumbauten erscheinen oder über den Köpfen der Darsteller schweben und mit akrobatischen Einlagen faszinieren. Die Raben als Symbol der Mutter (Stefanie Kock), die immer schützend ihre Hand über ihre Tochter hält und die selbst bei ihrem Tod für sie da ist, wenn die Raben ihre Schwingen ausbreiten und die tote Johanna bedecken.

Gerold (Hannes Staffler), der eine Art Heldenrolle im Stück einnimmt und Anastasius (Christopher Brose) zum Opfer fällt, welcher zusammen mit seinem Vater Arsenius so richtig bösartig aufspielt und nicht zu vergessen ein weiterer düsterer Charakter: Johannas Vater (Chris Murray), der einem das Fürchten lehrt durch seinen Gesang und sein Mienenspiel.

Bruder Rabanus (Kevin Tarte), ein Märtyrer und Helfer Johannas, der zwar nur ein Gesangssolo hat, aber dennoch eine wichtige Rolle im Stück einnimt und nicht zuletzt Aeskulapius (Alexander Kerbst), der durch das gesamte Stück führt und dem Publikum auch die Zusammenhänge erklärt. So beginnt das Musical mit der Krönungsszene und bietet dann einen Rückblick in Johannas Kindheit, ehe es dann blitzlichtartige Einblicke in ihren Werdegang gibt.

Das Stück lebt von starken und einfühlsamen Balladen, die berühren und ins Ohr gehen, doch auch große Ensembleszenen sind vorhanden. Dass die Musik nicht live von einem Orchester gespielt wird, fällt selten auf. Höchstens bei eben erwähnten Ensembleszenen, bei denen Verhältnis zwischen Musik und Gesang nicht ganz stimmig ist.

„Die Päpstin“ – ein ergreifendes Stück, das einen nicht so schnell loslässt. So hört man die Zuschauer beim Hinausgehen rätseln, ob es nun wirklich diese faszinierende Gestalt gab oder ob doch alles Lüge war. Im Endeffekt ist das sekundär. Wichtig ist, dass die Botschaft des Musicals klar herüberkommt: Die Emanzipation der Frau war ein langer und schwieriger Prozess und bis heute gibt es leider noch viele Länder, in denen die Frauen nicht viel wert sind. Nehmen wir uns ein Beispiel an Johanna und tragen ihre Botschaft hinaus in die Welt! Jeder Mensch ist gleich und sollte die gleichen Chancen haben, ob bei der Bildung, der Berufswahl oder bezüglich der Menschenrechte!

Bericht: Franziska Maier

Foto: Festspielhaus Füssen

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Franziska